„Nach dem Verzehr von (frucht-)säure- und zuckerhaltigen Lebensmitteln und Getränken dreißig bis sechzig Minuten warten“ – so lautete die bisherige Empfehlung, die wir seit Jahren, wenn nicht sogar seit Jahrzehnten, beherzigen und auch dem Nachwuchs immer wieder ins Bewusstsein rufen. Schließlich ist der Zahnschmelz dann angreifbarer – oder etwa doch nicht?
Es scheint neue Erkenntnisse in diesem Bereich zu geben – und die haben wir für Sie einmal unter die Lupe genommen.
Woher kommt der Rat mit dem Zähneputzen zu warten?
Welchen Hintergrund hat der bekannte Ratschlag?
Aus dem Jahr 2004 stammt die Empfehlung, nach säure- und zuckerhaltigen Lebensmitteln und Getränken eine bestimmte Zeit zu warten, bevor man zur Zahnbürste greift.
Zum Hintergrund: Der Ratschlag beruht auf einer Studie, die den Kontakt mit besagten Lebensmitteln und Getränken im Hinblick auf den pH-Wert im Mundraum untersucht hat. Die Untersuchungen erfolgten an Prothesen, die zuvor speziell aufbereitet wurden, sodass das Zahnbein („Dentin“) freigelegt wurden. Dabei handelt es sich um den Teil des Zahnes, der eigentlich unter dem Zahnschmelz verborgen liegt – es sei denn, man leidet an starken Defekten des Zahnschmelzes.
Anschließend wurden die Präparate mit einer Limonade in Kontakt gebracht und in verschiedenen Zeitabständen geprüft, was während des Putzvorgangs mit einer elektrischen Zahnbürste für Auswirkungen auf den Zahnschmelz sichtbar waren. Die Auswirkungen auf das Zahnbein waren nach 10 und nach 20 Minuten am höchsten, nach rund 30 Minuten waren die Auswirkungen nur noch halb so hoch. Nach einer Stunde stellte sich kein positiverer Effekt ein als nach dem Putzvorgang, bei dem nur 30 Minuten vergangen waren. Das bedeutet: Länger als 30 Minuten zu warten, wirkte sich nicht positiver auf den Abrieb des Zahnbeins aus – und zu diesem Ergebnis kamen sogar noch weitere Studien.
Zu dem gleichen Ergebnis kamen noch weitere Studien.
Erst kürzlich kam ein renommierter Schweizer Kariesforscher damit zu dem Schluss, dass eine lange Wartezeit nach dem Konsum säure- und zuckerhaltiger Lebensmittel und Getränke nicht notwendig sei. Der in Labor-Untersuchungen verwendete künstliche Speichel enthält essenzielle Proteine nicht, die für die Remineralisierung verantwortlich sind – somit hält er die Empfehlung, die rein auf Labor-Bedingungen basiert, für überholt.
Er hält es nicht für sinnvoll, nach dem Essen lange mit dem Zähneputzen zu warten – schließlich steht dann bald die nächste Mahlzeit an und man könnte dazu neigen, den Zahnputzvorgang, aus Sorge um den Zahnschmelz und das Zahnbein, dann ganz zu unterlassen.
Darüber hinaus haben, bei langer Wartezeit, Bakterien leichteres Spiel den vorhandenen Zucker oder die Säure im Mundraum zu verstoffwechseln – und das kann eine erhebliche Belastung für die Zahngesundheit bedeuten.
Fazit
Die neuesten Erkenntnisse zeigen, dass es nicht notwendig ist nach dem Verzehr der genannten Lebensmittel und Getränke zu warten – im Gegenteil: Das kann dazu führen, dass Kariesbakterien eine hervorragende Lebensumgebung vorfinden und Zahnprobleme entstehen lassen. Das gilt sowohl für bleibende Zähne als auch für Milchzähne.
Wer bereits unter weit fortgeschrittenen Zahnschmelzerosionen leidet, kann mit seinem Zahnarzt mögliche Lösungswege eruieren. Es gibt bestimmte Lacke, mit denen sich das Zahnbein versiegeln lässt.
Wer den jahrelang gehegten Ratschlag mit dem Warten des Zähneputzens trotzdem nicht aus den Augen lassen möchte, sollte zumindest direkt nach dem Verzehr den Mund mit Wasser spülen und einen Zahnpflegekaugummi kauen, bevor er dann wenig später zur Zahnbürste greift.
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Quelle Beitragsbild: © Phovoir – Item ID: 3912098 – www.photodune.net
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